Wilhelm Busch

Angebliche Zitate

Hin und wieder werde ich nach Zitaten gefragt, die zwar oft Wilhelm Busch zugeordnet werden, aber nicht (zumindest nicht zweifelsfrei) von ihm stammen. Einige Beispiele dafür habe ich hier aufgeführt.


Ist der Ruf erst ruiniert,
Lebt es sich ganz ungeniert.

Dieses Zitat wird neben Wilhelm Busch u. a. auch Bert Brecht zugeschrieben. Tatsächlich soll das Zitat vom Kabarettisten Werner Kroll um 1945 erstmals öffentlich vorgetragen worden sein. Es ist allerdings nie in gedruckter Form erschienen, so dass der Ursprung im Laufe der Zeit im Dunkel verschwunden ist.


Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich nicht was Bess'res findet.

Hierbei handelt es sich um eine Parodie auf einen Vers aus dem "Lied von der Glocke" von Friedrich Schiller:

Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!


Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Dieser Ausspruch stammt nicht wie vielfach angegeben von Wilhelm Busch, sondern von Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910).


Wir haben die Erde von unseren Eltern nicht geerbt, sondern von unseren Kindern nur geliehen.

Hierbei handelt es sich um ein altes indianisches Sprichwort.


Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.

Bescheidenheit ist eine Zier, doch besser lebt man ohne ihr.

Diese Sprichwörter stammen nicht (wie vielfach angegeben) von Wilhelm Busch, sondern es handelt sich um allgemeine Redensarten. Das Deutsche Sprichwörter-Lexikon von Karl Friedrich Wilhelm Wander vermerkt zu der ersten Variante: "In Nr. 541 der Schlesischen Zeitung (1871) als pommersches Sprichwort angeführt".


Folgendes Gedicht wird vielfach Wilhelm Busch (und eine abgewandelte Version davon Joachim Ringelnatz) zugeschrieben - aber wer der wahre Autor ist, kann niemand genau sagen.

Nur kein Ehrenamt

Willst Du froh und glücklich leben,
laß kein Ehrenamt dir geben!
Willst du nicht zu früh ins Grab
lehne jedes Amt gleich ab!

Wieviel Mühen, Sorgen, Plagen
wieviel Ärger mußt Du tragen;
gibst viel Geld aus, opferst Zeit -
und der Lohn? Undankbarkeit!

Ohne Amt lebst Du so friedlich
und so ruhig und so gemütlich,
Du sparst Kraft und Geld und Zeit,
wirst geachtet weit und breit.

So ein Amt bringt niemals Ehre,
denn der Klatschsucht scharfe Schere
schneidet boshaft Dir, schnipp-schnapp,
Deine Ehre vielfach ab.

Willst du froh und glücklich leben,
laß kein Ehrenamt dir geben!
Willst du nicht zu früh ins Grab
lehne jedes Amt gleich ab!

Selbst Dein Ruf geht Dir verloren,
wirst beschmutzt vor Tür und Toren,
und es macht ihn oberfaul
jedes ungewaschne Maul!

Drum, so rat ich Dir im Treuen:
willst Du Weib (Mann) und Kind erfreuen,
soll Dein Kopf Dir nicht mehr brummen,
laß das Amt doch and'ren Dummen.


Auch der Ursprung folgenden Gedichtes liegt im Dunkeln. Als mögliche Urheber werden neben Wilhelm Busch auch Theodor Fontane und Eugen Roth angegeben.

Altersballade

Das grosse Glück, noch klein zu sein,
sieht wohl der Mensch als Kind nicht ein,
und möchte, dass er ungefähr
schon 16 oder 17 wär.

Doch dann mit 18 denkt er: Halt,
wer über 20 ist, ist alt.
Kaum ist die 20 grad geschafft,
erscheint die dreissig greisenhaft.

Und an die 40, welche Wende
Die 50 gilt beinah als Ende.
Doch nach der 50, peu à peu,
schraubt man das Ende in die Höh.

Die 60 scheint jetzt ganz passabel
Und erst die 70 miserabel.
Mit 70 aber hofft man still,
ich werde 80, so Gott will.

Wer dann die 80 überlebt,
zielsicher nach der 90 strebt.
Dort angelangt, zählt man geschwind,
die Leute, die noch älter sind.


Zum folgenden Gedicht schrieb Wilhelm Busch im Juli 1904 in einem Brief an Artur Berent:

Das Wort "Mümmelgreis" ist allerdings von mir zuerst gebraucht; ein Gedicht mit diesem Titel ist aber von irgend einem Proleten unter Mißbrauch meines Namens in Umlauf gesetzt, um solche Leute zu täuschen, von denen man zu sagen pflegt, daß sie nicht alle werden.

Mümmelgreise

Mümmelgreise, grau und kalt,
sind oft 70 Jahre alt.
Waschen selten sich mit Seife,
rauchen aus 'ner kalten Pfeife,
tragen meistens schäbige Hüte,
schnupfen aus der Tabakstüte.
Oft auch ist die Frau gestorben,
der Geschlechtstrieb ist verdorben,
und zum Wässern lediglich
dient der Schnibbeldiederich.
Zieht er dazu ihn heraus,
geht der Strahl nicht geradeaus,
und auch nicht im hohen Bogen
wirft er seine Wasserwogen.
Nein, ganz langsam, halb im Schlafe,
wie zum Ton der Äolsharfe,
und in größter Seelenruh'
wässert er sich auf die Schuh'.


Folgendes Gedicht schrieb Wilhelm Busch in einem Brief an Anna Lindau. In der kommentierten Ausgabe "Sämtliche Briefe" der Wilhelm-Busch-Gesellschaft heißt es dazu:

Das Gedicht stammt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von Busch, sondern ist wohl ein Stück Soldatenpoesie. Wir nehmen an, daß Busch den hier wiedergegebenen Wortlaut von seinem Neffen Hermann Nöldeke mitgeteilt bekam. Von der »Romanze vom nützlichen Soldaten« besitzt das Wilhelm-Busch-Museum eine Niederschrift Buschs mit einigen Abweichungen, besonders in der 7. Strophe.

Romanze vom nützlichen Soldaten

Rieke näht auf der Maschine,
Nischke war bei's Militär;
Dennoch aber ließ sie ihne
Niemals nahe bei sich her.

»Wozu - fragt sie oft verächtlich -
Wozu nützt mich der Soldat,
Wenn man bloß durch ihn hauptsächlich
So viel hohe Steuern hat??« -

Einstmals ging sie nach dem Holze;
Nischke wollte gerne mit:
Aber nein, partu nicht wollt' se,
Daß er ihr dahin beglitt.

Plötzlich springt aus das Gebüsche
Auf ihr zu ein alter Strolch:
Stiere Augen, wie die Fische,
Kalte Hände, wie der Molch.

»Runter - schreit er - mit die Kleider,
Denn sie lebt im Überfluß,
Da ich ein Fabrikarbeiter,
Der sich was verdienen muß.«

Weinend fallen Jäck- und Röckchen,
Zitternd löst sich der Turnür,
Nur ein kurzes Unterglöckchen
Schützt vor Scham und Kälte ihr.

Aber jetzt, da tönt es: »Halte«!
Und ein scharfer Säbel blunk.
Aufgeschlitzt mit einer Spalte
Floh sich brüllend der Hallunk.

Dies that Nischke, der trotz allen
Rieken heimlich nachgeschleicht,
Die sich unter Dankeslallen
Jetzt um seinen Hals verzweigt. -

O, ihr Mädchens, laßt euch rathen,
Ehrt und liebet den Soldat,
Weil er sonst vor seine Thaten
Nicht viel zu verzehren hat!

 

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Erstellt von Jochen Schöpflin
Zuletzt aktualisiert am Samstag, 9. Februar 2008