Dritter Streich

Flink und hurtig wie ein Wiesel
War die alte Kräuterliesel.
Immer wußte sie, mit neuen
Sachen lieblich zu erfreuen.
Bei dem Schnee gab's Tannenzapfen,
Damit buk man Weihnachtskrapfen.
Wenn er kam - der holde Mai,
Trug Waldmeister sie herbei,
Aus dem einen Trank man braut,
Der das Eis vom Herzen taut.
Wuchsen Beeren erst im Wald,
Kam die brave Liesel bald.
Erdbeer, Himbeer, Heidelbeer -
Alle mundeten gar sehr.
Aber gab's den Schwammerling,
Hui, wie aus dem Leim da ging
Onkel Christians Angesicht!
Denn das war sein Leibgericht.
Pilze brachte Liesel heut'
Und die Tante hocherfreut
Sprach: »Geschwind herein in's Zimmer!
Christian hat noch keinen Schimmer.«
Aber Molli und auch Maus
Schnüffelten gar bald heraus,
Daß - als Liesel angeschellt -
Vor die Tür sie was abgestellt.
Denn der Förster Theobald
Schickte aus dem grünen Wald
Seinem Bruder in der Stadt,
Was er jüngst gefangen hat.
Aus dem Käfig sehr verschmitzt
In die Welt das Eichhorn spitzt.
»Molli!« wispert zappelnd Maus.
»Komm! wir lassen es heraus.«
Ratsch! Mit hinterlistigem Finger
Öffnen sie den Eisenzwinger.
Burr! Da springt's in's Haus geschwind.
Ach, das Unheil - es beginnt.
»Himmel!« schreit die Magd Agathe.
»Kusch! Was planscht in dem Salate?!«
Gleich darauf sieht man's mit den Eiern
Lustig nach der Köchin feuern.
Und jetzt wirft es - patsch und bumm! -
Auch die Marmelade um.
In die Stube geht's hinein -
Magd und Köchin hinterdrein.
Eiergelb und Himbeerröte
Bringt die Schreiberei in Nöte.
Schon am Stab des Kakadu
Hängt es unten dran im Nu.
Da beginnt ein wildes Schwingen,
Unheilvoll gar vielen Dingen.
Wirrlewur! Ein tolles Jagen.
Alle schreien, purzeln, schlagen.
Seht! Das Eichenhorn flieht bald
Durch das Fenster in den Wald.

Dieses war der dritte Streich.
Doch der vierte folgt sogleich.

Weiter mit dem vierten Streich

Erstellt von Jochen Schöpflin
Zuletzt aktualisiert am Freitag, 19. August 2005